Intergeschlechtlichkeit – Was verstehen wir darunter?

„Alle Menschen sind verschieden.“

(Aus: Lila – Oder was ist Intersexualität? 2009, S. 4)

Viele Begriffe stehen zur Beschreibung von Variationen der körpergeschlechtlichen Merkmale und Entwicklung zur Verfügung. Der Begriff Intersexualität wurde von dem Biologen Goldschmidt (1926) geprägt und hat sich bis heute gehalten. Die lateinische Vorsilbe Inter- bringt das Bild eines „Dazwischen Seins“ oder eines Zwischenraums zum Ausdruck. Inzwischen wird Intersexualtität vom Begriff Intergeschlechtlichkeit abgelöst. Im Englischen findet der Begriff Intersex Verwendung.

Seit der Einführung einer neuen medizinischen Klassifikation und der Abkürzung DSD (für Disorders of Sex Development) im Jahr 2005 bei einer Medizinischen Consensus-Konferenz in Chicago hält die Diskussion um die passende Nomenklatur und Bezeichnung intersexueller Körpervielfalt an. Die Soziologin und Erfahrungsexpert_in Georgiann Davies illustriert die Debatte, insbesondere wie sie in Nordamerika geführt wird, anschaulich in ihrem Buch „Contesting intersex“.

Mittlerweile distanzieren sich viele Forschende und Behandler_innen auch in  der Medizin von der ursprünglichen „DSD“ Bezeichnung. Die Abkürzung wird zunehmend mit neuer Bedeutung versehen und lässt sich ebenso als Differences, Divergences of sex development lesen, oder als diverse sex development (dsd). Die dsd-Unterteilung in drei Hauptgruppen, entsprechend des zugrundeliegenden genetischen Geschlechts (46,XX oder 46, XY Karyotyp oder Mosaikformen) hat gleichwohl zu mehr Verständlichkeit geführt und auch eine Zuordnung von solchen Intersexformen ermöglicht, die bislang schwer zu diagnostizieren waren.

Wir verstehen Intergeschlechtlichkeit als einen Oberbegriff, der zahlreiche und sehr verschiedene angeborene körpergeschlechtliche Erscheinungsformen umfasst.  Bei Intersex Formen, wie z.B. der Androgenresistenz oder Androgeninsensitivität, Gonadendysgenesien oder sog. Störungen der Androgenbiosynthese entsprechen die körpergeschlechtlichen Merkmale einer Person nicht alle einem oder demselben Geschlecht. Auch das Adrenogenitale Syndrom (AGS),  Klinefelter und Turner Formen werden von einigen Erfahrungsexpert_innen zur Intergeschlechtlichkeit, und in der Medizin zu den DSD bzw. Variationen der körpergeschlechtlichen Entwicklung gezählt.

Literatur