Ge-schlecht wird positiv: Wegweisender Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

„Ja zum dritten Geschlecht“ (SZ), „Nicht Mann noch Frau“, „Die Zukunft – unisex?“ (FAZ), „Revolutionär“ (Die Welt), „Drei gewinnt“ (taz) – Schlagzeilen vom 8.11.2017

Die Freude ist groß, und Hartnäckigkeit zahlt sich aus!

Kläger_in Vanja hat nicht aufgegeben. Vor einem Jahr noch war ihre_seine Klage am Bundesgerichtshof abgelehnt worden. Nun haben die Richter_innen des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, dem höchsten Gericht im Land, ihr_ihm Recht gegeben. In der Verfassungsklage hatte Vanja gegen das aktuelle Personenstandsrecht geklagt, das bisher nur zwei positive und seit 2013 eine weitere, „leere“ Geschlechtskategorie zuließ.

Der Beschluss, der am Mittwoch, den 8.11.2017, veröffentlicht und bereits am 10.10.2017 gefassst wurde, war am Donnerstag fast auf jeder Titelseite der großen Tageszeitungen zu lesen. Jetzt ist der Weg endlich frei für die Einführung einer dritten Geschlechtskategorie oder aber die Abschaffung der Geschlechtskategorie im deutschen Recht. Das wird ein spannendes Jahr 2018 werden, denn zum Jahresende muss die Bundesregierung eine gesetzliche Lösung finden.

In der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 8.11.2017 heißt es: Personenstandsrecht muss weiteren positiven Geschlechtseintrag zulassen. Darin ist zu lesen: „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt auch die geschlechtliche Identität, die regelmäßig ein konstituierender Aspekt der eigenen Persönlichkeit ist. Der Zuordnung zu einem Geschlecht kommt für die individuelle Identität herausragende Bedeutung zu; sie nimmt typischerweise eine Schlüsselposition sowohl im Selbstverständnis einer Person als auch dabei ein, wie die betroffene Person von anderen wahrgenommen wird. Dabei ist auch die geschlechtliche Identität jener Personen geschützt, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind

Der Personenstand ist keine Marginalie, (…). Der Personenstand umschreibt in zentralen Punkten die rechtlich relevante Identität einer Person. Die Verwehrung der personenstandsrechtlichen Anerkennung der geschlechtlichen Identität gefährdet darum bereits für sich genommen die selbstbestimmte Entwicklung„(s. Pressemitteilung).

Ge-schlecht, das rein sprachlich im Deutschen so einen „schlechten“ Klang hat, wird endlich positiv! Das Urteil wird hoffentlich zur Anerkennung und Würdigung von Intersex und geschlechtlicher Vielfalt beitragen.

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