Die Stellungnahmen der Sachverständigen, die am 13.01.21 im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zum „Gesetzentwurf der zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ angehört wurden, finden Sie hier auf der Homepage des Deutschen Bundestages
WDR-Doku zu Intersex und VdG: Notwendiges und Lustvolles
Das Wissenschaftsmagazin Quarks hat dem Themenfeld Intersex und Varianten der Geschlechtsentwicklung (VdG) im Mai 2020 eine neue Sendung gewidmet: „Intersexualität. Warum es mehr als zwei Geschlechter gibt“. Erfahrungsexpert_innen beantworten darin sehr persönlich Fragen von Zuschauer_innen. Außerdem kommen Eltern zu Wort, die ihr intergeschlechtliches Kind von Anfang in dem Wissen aufwachsen ließen, weibliche und männliche Körpermerkmale zu haben. Sie berichten außerdem von ihrem Versuch, im Gespräch mit Ärzt_innen herauszufinden, welche medizinischen Maßnahmen wirklich notwendig sind.
Der Beitrag ist in der WDR-Mediathek zu sehen und aus unserer Sicht unbedingt sehenswert. Hier geht es zum Link!
Dr. Jörg Woweries benennt ärztliche Verantwortung und erhält Bundesverdienstkreuz
Der Berliner Kinderarzt Dr. Jörg Woweries wurde in diesem Jahr für sein Engagement im Feld der Intergeschlechtlichkeit, nach der Bremer Juristin Prof. Dr. Konstanze Plett, ebenfalls mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Wir gratulieren Jörg Woweries dazu sehr herzlich!
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Sexualforschung ist eine Laudatio für Jörg Woweries und Konstanze Plett erschienen unter dem Titel „Intersexuelle – gefangen zwischen Recht und Medizin“?, der Bezug nimmt auf eine frühere Arbeit von Plett (2003). Darin schreibt Schweizer (2019): „Diese Doppel-Auszeichnung ist bemerkenswert, weil sie zwei unterschiedliche Menschen persönlich, aber auch exemplarisch auszeichnet, deren Fächer, Recht und Medizin, in einem zwiespältigen Verhältnis stehen. So wurde die Rechtswissenschaftlerin Konstanze Plett für ihr nachhaltiges wissenschaftliches und öffentliches Engagement für die Anerkennung der Rechte intergeschlechtlich geborener Menschen ausgezeichnet, Jörg Woweries als Arzt dagegen für die Anerkennung der Rechtsverletzungen durch die Medizin an intergeschlechtlichen Menschen (…)“ (ebd., S. 173).
Dr. Jörg Woweries hat die Intersex-Debatte in Deutschland und in den Nachbarländern in den vergangenen Jahren auf vielfältige Weise, durch gute Vernetzung, freundliche Hartnäckigkeit und seine wichtigen Texte und öffentlichen politischen Stellungnahmen wesentlich mitgeprägt. Dafür gilt ihm großer Dank!
Quellen:
Plett, K. (2003). Intersexuelle – gefangen zwischen Recht und Medizin. In: Koher, F., Pühl, K. (Hg.). Gewalt und Geschlecht. Konstruktionen, Positionen, Praxen. Opladen: Leske & Budrich.
Schweizer, K. (2019). „Intersexuelle – gefangen zwischen Recht und Medizin“? – Konstanze Plett und Jörg Woweries erhalten das Bundesverdienstkreuz. Zeitschrift für Sexualforschung, 32, 173-74.
Woweries, J. (2010). Intersexualität: Eine kinderrechtliche Perspektive. Frühe Kindheit, 03/10, 18-22.
http://www.kinder-undjugendarzt.de/download/47.(65.)Jahrgang2016/KJA_5-2016_Web.pdf
https://www.thieme.de/de/zeitschrift-sexualforschung/aktuelle-ausgabe-7303.htm
https://eref.thieme.de/ejournals/1438-9460_2019_03#/10.1055-a-0978-8084
Einladung zum 3. Projekt-Symposium: DIVERSE Körper, DIVERSE Identitäten am 13. März 2019 in Hamburg
Intergeschlechtlichkeit: Von der Antike bis zur Gegenwart
Dem Artikel „Götterkinder“ der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 20. Dezember 2018 zufolge (hier als SZ-Plus-Artikel verfügbar) galten Menschen mit Variationen der Geschlechtsmerkmale bis ins späte Mittelalter hinein „als Gottesgeschöpfe und Beweis für die Vielfalt auf Erden“. Jedoch hätten sich misogyne (frauenfeindliche) Auffassungen von der Verschiedenheit von Frauen und Männer immer mehr als gesellschaftliche Norm etabliert, wobei intergeschlechtliche Menschen als „teuflisch“ abgestempelt und verfolgt worden seien. Die medizinischen Fortschritte hätten letztendlich dazu geführt, dass Menschen mit Variationen der Geschlechtsmerkmale nicht nur gesellschaftlich, sondern auch operativ in das weibliche oder männliche Geschlecht gedrängt worden seien. Die am 13. Dezember 2018 beschlossene Änderung des Personenstandsgesetzes sei nicht nur eine Chance, Menschen mit Variationen der Geschlechtsmerkmale gesellschaftlich sichtbar zu machen, sondern die Geschlechtskategorien generell zu überdenken. Einen Kommentar zu dem neuen Personenstandsgesetz findet sich in der „Zeit“ vom 2. Januar 2019 (hier ist der Link).
„Divers“ im Geburtenregister
Am Donnerstag, den 13. Dezember 2018 wurde nun, gerade rechtzeitig vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist, das neue Gesetz verabschiedet, das einen weiteren Geschlechtseintrag, „divers“, im Geburtenregister erlaubt. Insgesamt gibt es nun nicht drei, sondern sogar vier Möglichkeiten des Geschlechtseintrags im deutschen Geburtenregister, nämlich „weiblich“, „männlich“, „unbestimmt/offen“ und „divers“. Somit können Menschen mit Variationen der körpergeschlechtlichen Merkmale nun auch einen positiven Eintrag im Geburtenregister erlangen. Kinder, die seit 2013 geboren und mit unbestimmtem Geschlecht eingetragen wurden, und Erwachsene, die ihren Geschlechtseintrag nach 2013 zu „unbestimmt“ / X haben ändern lassen, sind nun nicht weiter gezwungen, den Eintrag offenzulassen. Das Gesetz kann als wichtiger Schritt zur Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt gesehen werden.
Allerdings wird auch Kritik laut: Das Gesetz sei eine Minimallösung. Die Vorgabe, die körpergeschlechtliche Variation ärztlich attestieren lassen zu müssen, um „divers“ eintragen zu können, sei zu stark an die Körpereigenschaften gekoppelt und verletze daher das Recht auf die geschlechtliche Selbstbestimmung (vgl. , Artikel der „Zeit“ vom 14.12.2018 , Artikel der Züricher Zeitung vom 14.12.2018, Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 14.12.2018). Immerhin soll alternativ statt eines Attests auch eine eidesstattliche Erklärung ausreichen bei Personen, die durch Operationen oder Begutachtungen traumatisiert seien, doch dies schließt weiterhin andere aus.
Auf 3sat wurde aus Anlass der neuen Gesetzgebung die Kurzdoku „Zwitter und Intersexualität“ ausgestrahlt – mit interkulturellen Vergleichen, Bezügen zur Bedeutung von Geschlechtlichkeit in der Oper/Musik und im Leistungssport, und mit einem Interview mit der Sexualwissenschaftler_in Dr. Katinka Schweizer.
Intergeschlechtlichkeit im Sport-Wettkampf: Der aktuelle Stand der Debatte
Seit Oktober 2017 kreist in Deutschland eine Debatte um einen dritten positiven Geschlechtseintrag im Geburtenregister, und seit wenigen Tagen gibt es in Deutschland ein neues Gesetz dazu. Trotzdem scheint die bereits jahrzehntelang geführte Diskussion über Geschlechterkategorien in internationalen Wettkämpfen im Sport davon unberührt gelassen worden zu sein. Denn wie schon im Jahre 1966 beschränkt sie sich auf die Frage, ob und auf welcher Grundlage man Leichtathlet_innen mit einer Variante der körpergeschlechtlichen Merkmale aus internationalen Wettkämpfen ausschließen könne. „Intergeschlechtlichkeit im Sport-Wettkampf: Der aktuelle Stand der Debatte“ weiterlesen
HOOU-AfterwOERk am 21. November 2018 zum Thema “ Intersexualität und Gender in offenen Lehr- und Lernmaterialien“
Am 21. November 2018 fand im Rahmen der Hamburg Open Online University (HOOU) an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg eine AfterwOERk-Podiumsdiskussion zum Thema “ Intersexualität und Gender in offenen Lehr- und Lernmaterialien“ statt. Auf dem Podium diskutierten Isabel Collien, Referentin für Diversity und Intersektionalität der HAW und Dr. Katinka Schweizer, Psychologin und Sexualwissenschafterlin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Moderator_innen Ellen Pflaum und Jakob Kopczynski gingen zunächst auf die Projekte der Diskutant_innen im Rahmen von Open Educational Resources (OER) ein und fragten dann nach ihrem Potenzial und den Schwierigkeiten. Die Posiumsdiskussion kann hier als Podcast nachgehört werden. „HOOU-AfterwOERk am 21. November 2018 zum Thema “ Intersexualität und Gender in offenen Lehr- und Lernmaterialien““ weiterlesen