Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit brauchen kluge, furchtlose, engagierte, hartnäckige und optimistische Kämpfer_innen. Die Juristin Prof. Dr. Konstanze Plett von der Universität Bremen hat das Bundesverdienstkreuz erhalten für ihre besonderen Verdienste und das Engagement für die Anerkennung der Rechte intergeschlechtlicher Menschen. Nicht zuletzt hat sie zusammen mit der Rechtsanwältin Niedenthal und Prof. Dr. Wapler die Verfassungsbeschwerde der „Dritten Option“ erfolgreich auf den Weg gebracht. Diese Klage vor dem Bundesverfassungsgericht von 2017, und die ihr zugrunde liegende, sorgfältig ausgearbeitete Klageschrift der drei Juristinnen, war Grundlage für die Einführung einer weiteren positiven Geschlechtskategorie im deutschen Recht im Dezember 2018 (s. Blogbeitrag vom 21.12.2018). Vor diesem Hintergrund irritiert die Einschätzung, es handle sich um eine „oberflächliche Recherche des höchsten deutschen Gerichts“ in dem kürzlich veröffentlichten und umstrittenen ZEIT-Beitrag „Diverse Missverständnisse“ von Martin Spiewak (s. ZEIT vom 9. Mai 2019, S. 39). „Geschlechtervielfalt im Recht: Wir gratulieren Professorin Konstanze Plett zum Bundesverdienstkreuz mit einer Laudatio von Dr. Jörg Woweries“ weiterlesen
Gastbeitrag „Kluge Frauen kämpfen um Gendergerechtigkeit“
In diesem Jahr konnte man in Deutschland zwei Filme sehen, in denen der Kampf von Ruth Bader Ginsburg um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in den USA dargestellt wurde: „RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit“ und „Die Berufung“. Sie ist seit vielen Jahren Richterin am höchsten Gericht in den USA, dem Supreme Court, und hat durch juristisches Wissen und Geschick gegen die Männerphalanx erreicht, durch Grundsatzurteile – die unserem Grundgesetz gleichkommen – die Gleichberechtigung zu erkämpfen.
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Der internationale Sportgerichtshof hat entschieden: Mittelstreckenläufer_innen mit „hohen“ Testosteronwerten werden von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen
Am 1. Mai 2019 hat der internationale Sportgerichtshof (Court of Arbitration for Sport; CAS) den Einspruch von der Südafrikanerin Caster Semenya zurückgewiesen und entschieden, dass internationale Mittelstreckenläufer_innen nur einen Testosteronspiegel von unter 5 nmol/Liter haben dürfen, um einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Läufer_innen zu vermeiden (Artikel des Spiegels vom 1.5.2019). Dieses Urteil, welches laut eines Artikels der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 4. Mai 2019 am 8. Mai in Kraft getreten ist, zwingt betroffene Personen , ihren Hormonwert mittels Medikamenten zu senken, um weiterhin an den Wettbewerben teilzunehmen, was laut eines ZEIT-Artikels vom 9.Mai 2019 vom Weltärztebund als „unethisch“ bezeichnet wurde.
Die neue Regelung des Internationalen Leichtathletikverbandes (International Association of Athletics Federations; IAAF) hat gemischte Reaktionen hervorgerufen. Während Semenya diese Regelung als „illegale Methode“ bezeichnet und nicht beabsichtigt, ihre Hormonwerte zu senken (Artikel der SZ vom 4. Mai 2019) und sich auch der Weltärztebund und Südafrikas Sportministerin Tokozile Xasa gegen das Urteil aussprechen, begrüßt der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Jürgen Kessing die neue Regelung als „klare Bekenntnis für den Frauensport“ und „Chancengleichheit“ (Artikel des Spiegels vom 2.5.2019). Wieder stellt sich die Frage, wer über Geschlechtszugehörigkeiten und Geschlechtergrenzen entscheidet.
Er oder sie? Ganz einfach, der Mensch und die Person! – DIVERSE Begegnungen beim HOOU-Projekt-Symposium 2019 im MARKK

Anlässlich der neuen Gesetzgebung zum Geschlechtseintrag fand am 13.03.2019 unser 3. HOOU (Hamburg Open Online University) Projektsymposium, diesmal im Hamburger Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt, kurz MARKK (ehemals Völkerkundemuseum), statt. Eröffnet wurde die sehr gut besuchte Veranstaltung „DIVERSE Körper – DIVERSE Identitäten“ durch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Senatorin Katharina Fegebank nach der Begrüßung von Projektleiterin Katinka Schweizer.
Das Symposium wurde aufgezeichnet und kann bei „Hamburg Hört ein HOOU“ als Podcast nachgehört werden (hier ist der Twitter-Link). „Er oder sie? Ganz einfach, der Mensch und die Person! – DIVERSE Begegnungen beim HOOU-Projekt-Symposium 2019 im MARKK“ weiterlesen
Workshop in Israel: Vielsprachigkeit und Sprachlosigkeit im Umgang mit Varianten der Geschlechtsentwicklung

Vom 19. bis 21. Februar 2019 fand in Jerusalem der zweite Workshop des deutsch-israelischen Projekts „Improving the Psychosocial Approach to Intersex“ statt. Dieses Projekt, das auch den Namen „Inter Care-Awareness“ trägt, wird geleitet von der Soziologin Dr. Limor Meoded Danon (Hebrew University, Jerusalem) und der Psychologin Dr. Katinka Schweizer (Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf).
Die 30 Teilnehmenden aus Israel und Deutschland, darunter Psycholog_innen, Pädagog_innen, Eltern und Erfahrungsexpert_innen, haben sich im Rahmen des Projektes zu mehreren Arbeitsgruppen zusammengeschlossen. Ziel ist es, die Situation der psychosozialen Versorgung von intergeschlechtlichen Menschen und ihren Angehörigen in beiden Ländern kennenzulernen und zu verbessern. Die Arbeitsgruppen widmen sich vielfältigen Themen: z.B. dem religiösen Umgang mit Intergeschlechtlichkeit, Elterngruppen, der positiven Aufklärung, Sexualtherapie, Fort- und Weiterbildung in Medizin, Psychologie und anderen Gesellschaftsbereichen wie dem Militär. Auch neue Materialien wurden entwickelt, die zur Verfügung gestellt werden sollen. So wurde das Kinderbuch „Jill ist anders“ ins Englische übersetzt und offen zugänglich veröffentlicht unter diesem Link. Eine Übersetzung des Texts ins Hebräische und Arabische ist ebenfalls geplant. In Jerusalem wurden die beeindruckenden Ergebnisse der Arbeitsgruppen vorgestellt, den Gruppen ist es gelungen, einen Beitrag zu mehr Sichtbarkeit und einem besseren Umgang mit Intergeschlechtlichkeit zu finden.
Die Schwierigkeit der sprachlichen Verständigung, nicht nur als interkulturelles Thema, sondern auch im Hinblick auf das respektvolle Benennen von Varianten der Geschlechtsentwicklung und körpergeschlechtlicher Mehrdeutigkeit war eines der Kernthemen, über das hitzig debattiert wurde. Einigkeit bestand darin, dass das Ringen um die passende Sprache nicht aufhören darf. Gefördert wird das Projekt von der Stiftung deutsch-israelisches Zukunftsforum.
Einladung zum 3. Projekt-Symposium: DIVERSE Körper, DIVERSE Identitäten am 13. März 2019 in Hamburg
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